Das eigene Hochzeitsvideo - Die Do's and Don'ts


Den schönsten Tag des Lebens möchte man nicht nur einmal geniessen. In guten wie in schlechten Zeiten soll dieser einmalige Moment immer und immer wieder verfügbar sein. In den guten Momenten als Erinnerung, wie schön es doch war. Und in den weniger guten Momenten als Mahnung, was man sich einst schwur. Denn nichts ist so vergänglich wie das Gefühl eines bestimmten Moments.

Um diesen Moment nun richtig festzuhalten, bedarf es einiges Wissen. Zwar ist die heutige Kameratechnik derart fortgeschritten, dass man meinen könnte, man brauche ja gar nichts mehr zu machen, ausser die Kamera einschalten und dann munter drauflos filmen. Weit gefehlt. Denn wenn man verschont bleiben möchte von plötzlich ändernden Helligkeitswerten, von falsch fokussierter Bildschärfe oder von langweiligen Totalansichten des Kirchenaltars ohne das Brautpaar überhaupt noch zu erkennen - dann lohnt es sich, sich vorab einige Gedanken zum geplanten Hochzeitsvideo zu machen.

Vorbereitung
Zwei Fragen gilt es zu klären. erstens: Wollen wir überhaupt ein Video von unserem Hochzeitstag? Und: Wer soll es machen?
Gesetzt, Frage eins wird bejaht dann ist und Frage zwei entscheidend. Soll es ein Profi sein? Von denen gibt es viele, es kostet einfach schnell eine kleine Stange Geld. 2000 Franken für alles, inklusive fixfertiger DVD sind eher knapp bemessen. Wenn die Antwort aber lautet, jemand aus der Familie oder dem Freundeskreis machts, dann ist die gemeinsame Vorbereitung entscheidend. nichts ist schlimmer, als wenn erst im Nachhinein festgestellt wird, dass mit Grossaufnahmen nicht Totalansichten von der Landschaft und der Kirche gemeint waren, sondern Detailansichten von Menschen, Gesichtern und emotionalen Momenten... Deshalb: Gemeinsam ein Konzept entwerfen und folgende Fragen beantworten:

- Wie lang soll der Hochzeitsfilm werden und an wen richtet er sich? Das Brautpaar selbst wird noch so gerne stundenlang alles noch einmal im Detail miterleben; Familienmitglieder und Freunde haben an einer 30-minütigen Zusammenfassung vermutlich mehr Freude.

- Was soll alles auf die DVD?
Vorbereitung der Braut am Hochzeitstag-Morgen?
Gemeinsame Fahrt zur Kirche, Trauung, Apéro vor der Kirche, Apéro nach der Kirche, Galaessen, Party, Der Morgen danach..., etc.
Hier gilt die einfache Regel: Weniger ist immer mehr! Definieren Sie die zentralen Momente und entscheiden Sie sich für diese. Letzte Momente bei der Braut- Vorbereitung; Ankunft in der Kirche; Trauung; das frisch getraute Ehepaar verlässt die Kirche; einige Schlüsselmomente der Party; und zuletzt vielleicht noch das Verschwinden des Ehepaares in die Hochzeitsnacht.

Der Moment der Trauung: Wie filmen? Soll das Brautpaar von vorne gefilmt werden? Das heisst, dass der Kameramann in den Altarraum vordringen muss. Das könnte von der Zeremonie ablenken. Nur von hinten, aus Sicht der Zuschauer? Dann fehlen die entscheidenden Emotionen: Wie reagiert die Braut wenn ihr Mann das "endgültige" Ja sagt? Wie geschickt stellt sich dieser an, wenn er den Ehering seiner frisch angetrauten Gattin über den Finger schiebt?

Analog zu oben kann theoretisch jeder Moment besprochen werden, der gefilmt werden soll. Es ist auch empfehlenswert, das zu tun. Vorteil: Der Kameramann weiss exakt, was gewünscht ist und kann sich auf diese Momente konzentrieren. Natürlich muss der Kameramann wach genug sein, damit er auch spontane Reaktionen einfangen kann...

Das ABC der Filmsprache
Beim Filmen gibt es Regeln, einfache und komplizierte. Wenn sich ein Laie an die einfachen Regeln hält, kommt bereits ein komplett anderes Resultat heraus, als wenn er nur munter drauflos filmt. Erstens wächst der Materialberg an gefilmten Minuten beim geplanten Vorgehen nicht ins unermessliche. Und die Nachbearbeitung ist wesentlich einfacher.

Einen technischen Tipp vorweg: Nicht mit automatischer Blende oder automatischem Fokus arbeiten. Alles auf manuell stellen und dann einfach kurz per Knopfdruck die Kamera die richtige Blende und Schärfe fixieren lassen. Sonst verstellt die Kamera ständig während dem Drehen die Helligkeit und die Schärfe. Die Folgen: Frust beim Betrachten.

Im Folgenden einige klassische Begriffe und ihre Erläuterungen.

Einstellung, Szene, Mastershot, Schuss/Gegenschuss:
Szene: Das ist zum Beispiel der Moment der Trauung. Er dauert vielleicht fünf Minuten. Es gibt drei Protagonisten: Die Braut, der Bräutigam und der Pfarrer. Wenn man weiss, was die Szene ist, dann weiss man auch, was gefilmt werden muss und wann man wieder aufhören kann. Bevor man also auf Record drückt immer kurz überlegen: Was passiert hier? Was ist die Szene und wer sind in diesem Moment die Hauptpersonen?

Einstellung: Wen (oder was) rückt man ins Bild und wie gross? Welche Einstellungen einer einzigen Szene braucht es, damit man die Geschichte (der jeweiligen Szene) erzählen kann? In unserem Beispiel müssen drei Personen gezeigt werden, wobei Braut und Bräutigam die Stars sind, der Pfarrer ist Ko-Star. Von allen diesen Personen und den entscheidenden Handlungen braucht es nun Bilder: Der Moment des Ja-Sagens, die wichtigsten Gesten des Pfarrers, die übergabe der Eheringe, etc.

Mastershot; Schuss/Gegenschuss: Der Mastershot bedeutet, dass dies die Grundeinstellung ist, in die man später immer wieder zurückschneiden kann. Der Mastershot ist immer eine Totalansicht der ganzen Szenerie. Im Beispiel des Trauungsmoments heisst das, dass alle drei Protagonisten gezeigt werden, so dass z.B. Braut und Bräutigam von vorne sichtbar sind, der Pfarrer demnach von hinten. Man kann die Einstellungen während der Szene variieren, sollte aber immer wieder in die Mastershot-Einstellung zurückkehren.

Schuss/Gegenschuss: Das hat nichts Kriminelles an sich, sondern besagt, dass alle Protagonisten einzeln abgelichtet werden müssen. Und zwar von einer ähnlichen Position aus wie der Mastershot. Man filmt also einzeln das Gesicht, die Hände oder auch einmal nur die Augen der Braut, des Bräutigams und des Pfarrers. In unserer Szene kann man auch einen Schuss auf das Brautpaar zusammen machen und als Gegenschuss ein Detailbild mit dem Pfarrer.

Mit diesen drei Grundeinstellungen lässt sich jede Szene so abfilmen, dass man sie anschliessend auch bearbeiten, sprich schneiden kann.

Totale, Halbtotale, Porträt, Grossaufnahme/Close-up:
Bei der Totalen wird die ganze Szene ins Bild gerückt. Man sieht also den Altar, davor steht der Pfarrer und vor ihm knien die beiden Brautleute. Die Totale soll maximal so gross sein, dass der Hauptgegenstand bildfüllend ist. In diesem Beispiel sollen die drei Menschen das Bild ausfüllen, wobei die Köpfe und Füsse jeweils den oberen und unteren Bildrand knapp nicht berühren. Man möchte ja keine Köpfe abschneiden... Aber es soll auch nicht das ganze Kirchenschiff mit dem eindrücklichen Tonnengewölbe aus dem 14. Jahrhundert mit auf dem Bild sein. Analog verhält es sich nun mit den übrigen Einstellungsgrössen. Bei der Halbtotalen ist der Mensch nur noch ab der Hüfte bis zum Kopf im Bild; beim Porträt von Brust bis Kopf und bei der Grossaufnahme (auch Close-up genannt) ist nur noch der Kopf im Bild.
Detailansichten zeigen schliesslich sehr grosse Nahaufnahmen/Close-ups von z.B. Händen, Augen, Kerzenflammen, dem Brautschleier oder dem Saucenfleck auf Papas weissem Hemd nach dem Sturm aufs Buffet...

Die Achse, der Achssprung
Filmprofis lernen während Jahren, wie man die Achse innerhalb einer Szene definiert - und trotzdem passieren immer wieder unerwünschte Achssprünge. Es reicht an dieser Stelle naheliegenderweise nur eine grobe Erklärung.
In unserer Trauungsszene stehen sich drei Menschen gegenüber. Stellen Sie sich vor, Sie würden von der Seite zuschauen bzw. filmen. Aus Ihrer Sicht befinden sich Braut und Bräutigam links, der Pfarrer rechts. Zeichnen Sie diese Situation mit Strichmännchen auf und halten Sie mit kleinen Pfeilen fest, in welche Richtung die einzelnen Personen schauen. Braut und Bräutigam sind links, also schauen sie von links nach rechts zum Pfarrer. Umgekehrt steht der Pfarrer rechts und schaut von rechts nach links zum Brautpaar. Wenn man nun eine Linie vom Brautpaar zum Pfarrer zieht, dann hat man die Achse. Die Blickrichtungen definieren diese Achse.

Wenn Sie nun auf die andere Seite wechseln würden und die gleiche Situation von dort anschauen, dann sieht sie so aus: Brautpaar rechts, Pfarrer links. Und entsprechend haben sich die Pfeilrichtungen der einzelnen Personen geändert. Die Braut schaut nun neu von rechts nach links, der Pfarrer neu von links nach rechts. Das ist also genau das Gegenteil von vorhin.

Schneidet man nun die Braut, die von links nach rechts zum Pfarrer schaut, mit dem Pfarrer zusammen, der von rechts nach links zur Braut schaut, dann stimmt die Szene, es entsteht der Eindruck, dass sich beide anschauen.
Wechselt man allerdings dazwischen auf die andere Seite, ergibt sich folgendes: Die Braut schaut von links nach rechts zum Pfarrer; dann springen wir über die Achse auf die andere Seite, plötzlich schaut der Pfarrer ebenfalls von links nach rechts zu den Brautleuten.
Schneidet man nun diese Bilder zusammen, dann guckt sowohl die Braut wie auch der Pfarrer von links nach rechts. So entsteht nicht der Eindruck, dass sich Braut und Pfarrer anschauen, sondern, dass sie gemeinsam auf etwas schauen, was dem Zuschauer verborgen bleibt. Und das will man ja nicht...

Ton-Aufnahmen
Zuletzt stellt sich noch die Frage, wie wichtig der Ton sein soll.
Denn Achtung: Das Kameramikrofon taugt für Sprachaufnahmen nur dann etwas, wenn man sich unmittelbar bei der sprechenden Person aufhält. Sobald man einige Meter entfernt ist, nimmt das Mikrofon ungefiltert alles auf, was rundherum "tönt" und klingt. Man hört dann also beispielsweise nur noch Musik, aber nicht, wie der frisch gekürte Ehemann seiner Gattin auf der Tanzfläche ein Kompliment macht...
Möchte man den Ton gut aufnehmen, führt nichts an einem Ansteckmikrofon mit Funkübertragung vorbei. Dieses muss natürlich immer wieder der Person angesteckt werden, die man jeweils gerade hören möchte.
Für allgemeine Eindrücke reicht allerdings das Kameramikrofon.

Nachbearbeitung
Nun wissen wir, was wir genau filmen wollen, wie eine Szene in verschiedene Einstellungen seziert wird und wie die verschiedenen Einstellungsgrössen heissen. Auf diese Weise kann man schon recht gutes Roh-Material drehen.

Bei der Nachbearbeitung geht es dann darum, aus der Fülle der Bilder die besten herauszusuchen, die für die jeweiligen Szenen entscheidend sind. Damit es nicht zu einer endlosen Aneinanderreihung von netten Bildern wird.

Man überlege sich also noch einmal folgendes: Wie möchte ich diesen schönsten Tag in Bildern festhalten? Idealerweise hat man sich so vorbereitet, dass beim Drehen bereits ein klares Konzept, sprich Script vorhanden war. Jetzt kann man anhand dieses Scripts vorgehen.
Szene für Szene arbeitet man sich nun vor. Der Moment unserer Trauungsszene als Beispiel: Wir steigen ein mit dem Mastershot, damit die Zuschauer sich orientieren können und wissen, wo sie sind und worum es geht.
Dann werden die Stars und Ko-Stars eingeführt, das heisst, alle drei beteiligten Protagonisten werden aus der Nähe gezeigt. Jetzt wissen die Zuschauer, wer die Handlungsträger sind und können sich darauf konzentrieren.
Als Letztes braucht man zuhause nur noch die besten, schönsten und gelungensten Momente der Trauungsszene aneinanderzuschneiden.

Auch beim Schneiden (zusammen montieren des Films) gibt es eine Regel:
Möglichst variieren mit den Einstellungsgrössen. Also nicht Totale auf Totale, sondern immer von einem "Extrem" ins andere. Z.B. Einstieg mit dem Mastershot, Nahaufnahme der Brautleute, Halbtotale des Pfarrers, Detailansicht einer Kerze, Close-up der weinenden Augen der Braut, Mastershot der ganzen Szene, etc.

Die wichtigste Regel von allen
Das waren viele Regeln. Wenn Sie sich nur einige davon beherzigen, wird das Resultat Ihres Hochzeitsfilms schon um Klassen gewinnen. Bedenken Sie, dass auch ein Steven Spielberg einmal klein angefangen hat.
Zum Schluss noch dies: Wenn Sie planen, die DVD Ihrer Hochzeit zu verschenken, dann beherzigen Sie die zwei wichtigsten aller Regeln: In der Kürze liegt die Würze. Und: Langweilen verboten.